Ulli Räbiger zu Kinderarmut: Einleitende Rede beim Frühjahrsempfang

Weggucken hilft nicht – Kinderarmut in der Wohlstandsgesellschaft

Meine Damen und Herren,

Im Februar ist der Kinderreport 2018 erschienen. Danach muss man einfach sagen: Wir haben in unserem Land ein gravierendes Problem, und das heißt Kinderarmut.
Die große Herausforderung ist, dass unsere Gesellschaft diese oft nicht sieht. Es gibt unsichtbare Armut: Das Kind, das   nicht zum Kindergeburtstag kommen kann, weil seine Eltern sich das Geschenk nicht leisten können.  Das Kind, das zufällig immer fehlt, wenn seine Klasse einen Ausflug macht. Das Kind, das beim Mittagessen in der Schule mit leerem Magen auf dem Pausenhof wartet. Diese Kinder lernen von Anfang an, sie gehören nicht dazu, sie sind nicht gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft. Wir haben zwar in den letzten Jahren das BuT (Bildungs- und Teilhabepaket) dazu bekommen, aber gut gemeint ist manchmal schlecht gemacht: Mit dem BuT geschaffen worden und hat sein Ziel weit verfehlt. Wenn Kinder und Jugendliche in unserem reichen Land in Armut leben müssen, ist das ein unerträglicher Skandal. Deswegen ist der Kinderarmutsreport ein unmissverständlicher Auftrag an alle, beim Thema Kinderarmut nicht mehr zu kleckern, sondern endlich umfassende und wirksame Maßnahmen anzugehen.Es ist ungerecht, wenn dem Staat Kinder unterschiedlich viel wert sind. Es kann nicht sein, dass bei Kindern, die im Sozialbezug leben, das Kindergeld auf diese Leistungen angerechnet wird, während andere Kinder durch Kinderfreibeträge und Ehegattensplitting in viel höherem Maße profitieren. Wir brauchen ein Maßnahmenpaket, das Kinder aus der Armut führt, Alleinerziehende unterstützt und an Kitas und Schulen kostenloses Schulessen anbietet. Beim Kampf gegen Kinderarmut weiter nicht zu handeln wäre im tiefsten Sinne unsozial. Und – wer über Armut spricht, muss auch über Reichtum sprechen. 45 Deutsche besitzen so viel wie 50 % der Bevölkerung. Hier muss Politik sich neu justieren. Es gibt einen Leitsatz, der von Jörg Zink stammt und der auch Leitsatz sozialer Politik sein sollte: „Sieh nach den Sternen und gib Acht auf die Gassen“. Politik muss darf nicht nur nach oben schauen, Politik muss die Benachteiligten uns Schwachen im Auge behalten. Und insbesondere Kinder, deren Chancen bei Armut für ihr ganzes Leben sinken. Ich freue mich, Ihnen zu diesem Thema den Geschäftsführer des Caritasverbandes, Dr. John Coughlan vorstellen zu können, den ich als Streiter für seine Institution, aber auch als Streiter gegen soziale Ungerechtigkeiten kenne und schätze.

>> zur Berichterstattung der Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 16.4.2018

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